Das Gefühl begehrt zu werden, Ekstase, sich fallen zu lassen, sich oder auch einen Mann bzw. eine Frau zu spüren. Die Sexualität ist mit einer Erkrankung wie ME/CFS absolut nicht mehr mit der vor dieser Zeit zu vergleichen. Gerade, wenn man eben bedenkt, dass einigen von uns sogar die Kraft zu duschen, sich etwas zu essen zu machen oder rauszugehen, fehlt. Aber all das lässt unsere innere Göttin/inneren Gott nicht komplett still sein. Man möchte diesen Geruch wahrnehmen, den man in seiner Nase hat, nachdem man Sex hatte. Man möchte voller Zufriedenheit in seinem Bett liegen, nachdem man vom Orgasmus übermannt wurde. Man möchte sich als eine ganz „normale“ Frau/Mann fühlen.
Natürlich ist es mit ME/CFS nicht mehr möglich, den Sexmarathon die ganze Nacht fortzuführen. Es kommt dazu die Scham gegenüber dem Partner (noch schlimmer, wenn man mit diesem nicht mal eine feste Beziehung führt), wenn einem nach nicht mal 5 Minuten „Akt“ der Schweiß vom Körper tropft oder man schnauft, wie ein Walross, weil es so anstrengend ist. Trotz alle dem, tut dieses „Liebesspiel“ gut, unabhängig wie schwer es uns körperlich fällt, aber es tut uns, als Frau/Mann gut. Es fühlt sich großartig an, wenn ein Beben durch den Körper geht, es zwischen unseren Schenkeln pulsiert. Die Erregung dafür sorgt, dass unsere Haut mit Gänsehaut überzogen ist. Vielleicht müssen wir auch dieses „Erlebnis“ wieder mit einem „Crash“ bezahlen, aber Sexualität ist und bleibt immer ein wichtiges Thema, egal ob man krank oder gesund ist. Sicher ändert sich der Stellenwert, aber man sollte versuchen, ihn nicht ganz aus seinem Leben verschwinden zu lassen.
Viele Betroffene berichten uns davon, dass sie, seit sie ME/CFS haben, Single sind. Das wäre für sie weniger mit Stress und vor allem mit weniger Druck gegenüber dem Partner verbunden. Man würde sich dann vielleicht doch mal dazu überreden lassen, dass es zum Sex kommt, um dem Partner einen Gefallen zu tun. Einige Erkrankte schreiben uns auch, dass ihnen allgemein die Kraft und Energie dafür fehlt. Bei Denjenigen, wo es die Sexualität noch gibt, ist es sehr viel weniger geworden und muss meist auch „geplant“ werden, um genug Kraft dafür zu haben.
Es geht bei dem Thema Sexualität auch nicht nur um die Sexualität mit einem Partner, genauso sollte man das Thema Selbstbefriedigung nicht ganz außer Acht lassen. Gerade, weil ja viele geschrieben haben, dass sie Single sind, eben um sich selbst nicht unter Druck zu setzen bzw. setzen zu lassen.
Die Sache mit dem „rein/raus“ ist das eine, aber eine Frau kommt durch den reinen Akt selten zu einem Orgasmus (nur 17 % der Frauen kommen immer beim Sex zum Höhepunkt) und inzwischen gibt es ja auch für eine Reihe „Hilfsmittel“, mehr als nur den altbekannten Dildo, und zwar für Mann und Frau. Die sogenannten Auflege-Vibratoren sind z.B. gut dazu in der Lage, eine Frau an den richtigen Stellen zu stimulieren und dann für ein sinnliches Erlebnis zu sorgen. Solch ein Vibrator ist ein unkomplizierter Lustbringer. Vielleicht wäre das für den ein oder anderen noch eine Möglichkeit, ab und an auf seine Kosten zu kommen (soweit, wie es jedem eben möglich ist). Wir sind nicht die Erkrankung ME/CFS, wir sind trotz bzw. vor allem Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen.
Bild: Claudia