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Montag, 03 Mai 2021 08:30

Pflegegrad bei ME/CFS

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Nachdem wir uns in den letzten Wochen mit der Thematik Schwerbehinderung und Erwerbsminderungsrente bei ME/CFS befasst haben, widmen wir uns heute dem Pflegegrad. Leider ist es auch hier, genauso wie bei den anderen Dingen, alles andere als leicht, zu seinem Recht zu kommen.

Bevor ihr euch dafür entscheidet einen Antrag zu stellen, empfehlen wir euch vorab einen Pflegegradrechner (Link dazu findet ihr am Ende des Textes) zu nutzen, um vorab eine ungefähre Einschätzung zu bekommen. Den Antrag kann man bei den meisten Kranken- bzw. Pflegekassen schon online runterladen oder ihn direkt dort ausfüllen. Danach erhält man noch einen Fragebogen, welchen man ausfüllen und zurücksenden muss. Nach einiger Zeit meldet sich dann der MDK mit einem Begutachtungstermin (während Corona finden die Begutachtung telefonisch statt). Die Pflegekasse muss innerhalb von 14 Tagen einen Beratungstermin ermöglichen. 

Wichtig ist eine gute Vorbereitung, egal ob der Termin mit einem Gutachter vor Ort oder eben telefonisch stattfindet. Der Pflege-Fragebogen und die Kriterien bei ME/CFS sind leider etwas schwierig anzuwenden. Die Einschränkungen der Erkrankung bedeutet nicht, dass ich Anleitungen für Tätigkeiten benötige. Es gibt auch meistens keine Lähmungen, die durch Kraft der pflegenden Person ausgeglichen werden kann. Man kann es also weder mit Demenz, einem Schlaganfall oder MS vergleichen. Aus dem Grund ist es ratsam, ein Pflegetagebuch zu führen bzw. genau aufzulisten, wo genau ihr Hilfe benötigt (konkrete Auswirkungen auf den Alltag und die Selbstständigkeit beschreiben). Es hilft dabei, die tatsächliche Pflegesituation realistisch zu schildern. Auch wenn das Pflegetagebuch kein Beweis im juristischen Sinne ist, könnt ihr damit belegen, dass die während der Begutachtung gemachten Angaben mit der Realität des Pflegealltags übereinstimmen. 

Ihr solltet während der Begutachtung nicht alleine in eurer Wohnung sein. Neben der Vertrauensperson bzw. Pflegeperson empfehlen wir einen fachkundigen Beistand (Hausarzt, Mitarbeiter eines Pflegedienstes oder einer Pflegeberatung), der mit der persönlichen Situation des Pflegebedürftigen vertraut ist. In vielen Städten gibt es inzwischen auch schon Pflegestützpunkte. Pflegestützpunkte werden von den Kranken- und Pflegekassen auf Initiative eines Bundeslandes eingerichtet und bieten Hilfesuchenden Beratung und Unterstützung. Wenn Hilfesuchende selbst pflegebedürftig sind oder pflegebedürftige Angehörige haben, erhalten sie im Pflegestützpunkt alle wichtigen Informationen, Antragsformulare und konkrete Hilfestellungen.

 

Der Gutachter des MDK prüft, in welchem Maß die betroffene Person ihren Alltag bestreiten kann.

Es gibt insgesamt 5 Pflegegrade:

  • Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit
  • Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

 

Insgesamt werden 64 Fragen aus folgenden Bereichen beurteilt:

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Krankheits- oder therapiebedingte Anforderungen/Belastungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

 

Einige Tage nach der Begutachtung erhält man von seiner Pflegekasse den schriftlichen Bescheid. In diesem wird die Einschätzung des MDK‘s und gegebenenfalls der Pflegegrad mitgeteilt. Dies muss innerhalb von 25 Arbeitstagen durch die Pflegekasse entschieden werden, ob und welcher Pflegegrad vorliegt. Überzieht die Pflegekasse diese Frist, muss sie dem Antragsteller eine Pauschale in Höhe von 70 Euro pro Woche zahlen. 

Sollte es zu einer Ablehnung kommen, besteht immer noch die Möglichkeit einen Widerspruch einzureichen. In diesem sollte man das Gutachten und jeden einzelnen Punkt aufführen, welcher von dem Gutachter falsch bewertet wurde und die berichtigen.

 

Ein Pflegegrad besteht aber nicht „nur“ aus Pflegegeld (ab Pflegegrad 2), sondern auch noch aus einigen anderen Leistungen, welche ihr nutzen könnt.

  • Pflegehilfsmittel
    • aufgrund der Corona Pandemie von 40 Euro auf 60 Euro erhöht (Nutzung u. a. für Mund-/ Nasenschutz, Einmalhandschuhe, Handdesinfektionsmittel und Flächendesinfektion)
  • Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro
    • haushaltsnahe Dienstleistungen bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen (zum Beispiel Haushaltshilfe, Verpflegung, Einkäufe, Fahrdienste, Botengänge)
    • Inanspruchnahme von Alltagsbegleitern (zum Beispiel Begleitung bei Arztbesuchen, gemeinsamer Besuch auf dem Friedhof)
    • In einigen Bundesländern kann dies auch über die sogenannte Nachbarschaftshilfe (freiwillige Unterstützung von Personen aus dem räumlichen oder sozialen Umfeld, ausgenommen sind grundpflegerische Tätigkeiten) erfolgen. 
  • Verhinderungspflege 
    • Pflegebedürftige erhalten Verhinderungspflege, wenn ihre pflegenden Angehörigen eine Vertretung brauchen. Das können stellvertretend Pflegehilfskräfte, weitere Angehörige, Nachbarn oder Freunde sein. Verhinderungspflege kann bis zu 4 Jahre rückwirkend geltend gemacht werden (wenn diese auch dann stattgefunden hat). Die jährliche Kostenübernahme für Verhinderungspflege beträgt bis zu 1.612 Euro, Aufstockung bis auf 2.418 Euro möglich (50 % des Leistungsanspruches aus der Kurzzeitpflege, sofern dieser noch nicht ausgeschöpft wurde), maximal bis zu 6 Wochen im Jahr nutzbar (42 Tage)
  • Kurzzeitpflege 
    • Kurzzeitpflege ist das stationäre Pendant zur Verhinderungspflege: Fällt eine private Pflegeperson kurzzeitig aus, finanziert die Pflegeversicherung bis zu 1.612 Euro für maximal 56 Tage im Jahr einen stationären Aufenthalt.

 

In Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse hat der Fatigatio eine Broschüre zum Thema „Pflege“ zusammengestellt. Auf der Seite vom Fatigatio könnt ihr die Schriftenreihe 31„Pflege bei Belastungsintoleranz am Beispiel von ME/CFS“ bestellen.

https://www.fatigatio.de/fileadmin/Projects/07_fatigatio/user_upload/PDFs/katalog.pdf

 

Ursula Wohlrab, selbst an ME/CFS erkrankt, hat auf ihren Blog ihren sehr ausführlichen Bericht zum Pflegeantrag veröffentlicht, wo sie ihre Auswirkungen der Erkrankung Chronic Fatigue Syndrom auf ihren Alltag und ihr Leben beschreibt. Zum Beitrag kommt ihr über folgenden Link:

https://ursulawohlrab.blogspot.com/2021/04/cfs-heit-nicht-faul-und-ein-bisschen_2.html?m=1

 

Quellen und wichtige Links:

https://pflege-dschungel.de/

https://www.familiara.de/

https://www.pflege.de/

 

Hinweis: Der Beitrag auf dem Portal ist nur für registrierte Mitglieder einzusehen. Die Vorlagen dienen nur zum privaten Gebrauch und dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden. Ebenfalls ist jegliche Vervielfältigung untersagt.

 

Anhang:

adobe pdf icon logo png transparentCheckliste zur Antragsstellung

adobe pdf icon logo png transparentPflegetagebuch

Gelesen 714 mal Letzte Änderung am Dienstag, 20 Mai 2025 16:29
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